Höckes Drohung an das ZDF
„Wir beenden das Interview, nur, dann ist klar … Wir wissen nicht, was kommt … Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird.“ Dies waren am Sonntag die Worte des thüringischen AfD Landesvorsitzenden Björn Höcke nach einem unterbrochenen ZDF Interview.
Was ist anderswo gekommen?
Karolina Lewicka stellte 2016 dem polnischen Kulturminister unangenehme Fragen. Kaum war die Sendung beendet, war die polnische Regierung schon am Telefon mit dem Sendeleiter. Später am Abend erfährt sie in einem Restaurant bei einer kleinen Besprechung davon, dass Sie von der polnischen Regierung offiziell als „unerwünscht“ galt. In der Situation wurde ihr damit praktisch mitgeteilt, dass sie nun arbeitslos war.
Auch der ORF Journalist Armin Wolf hat sich mit dem damaligen FPÖ Innenminister Heinz Strache angelegt. Das österreichische Innenministerium verwendete öffentliche Ressourcen, um den Journalisten zu diskreditieren. Der ORF stellte sich jedoch hinter Wolf.
Und auch US-Präsident Donald Trump hatte es auf den CNN Journalisten Jim Acosta abgesehen. Auch hier stellte sich CNN hinter Acosta. Jedoch versuchte Trump, seinen Einfluss beim Konkurrenzsender Fox News geltend zu machen, um komplett gegen CNN und Acosta Stimmung zu machen. Offiziell distanziert sich Fox News, bei der Realisierung beteiligt gewesen zu sein. Jedoch ist in den USA ein „Nachrichtenkrieg“ zwischen republikanischen und demokratischen Medien generell keine Seltenheit. Trump hat derweil einen neuen Lieblingssender mit Namen OANN. Eigentlich mehr ein kleiner Verschwörungssender. Jedoch haut der Sender schon mal hemmungslos auf CNN und die Washington Post drauf. Auch beim Verbreiten von Falschmeldungen und Verleumdungen scheint OANN keine Grenzen zu kennen. Trump ließ verlauten, dass er auf Berichterstattungen keinen Einfluss nimmt.
Björn Höcke und das ZDF
Die Fälle aus dem Ausland verdeutlichen wohl, was Höcke mit seiner Aussage meinen könnte. Und ja, im Wortlaut ist das eine klare Drohung. Sollte er an die Macht kommen, wird er entweder gegen das ZDF agieren wie Trump gegen CNN oder er wird schlicht eine Entlassung fordern, wie es in Polen und Österreich der Fall war. Dass der Sender eine Entlassung wirklich durchzieht, wie in Polen, steht für die Redaktion des ZDF außerhalb jeglicher Diskussion.
Höcke’s Worte waren „Vielleicht werde ich auch mal eine interessante persönliche, politische Person in diesem Lande. Könnte doch sein.“. Im Grunde ist er das bereits, wenn schon seine Parteikollegen nicht zwischen seiner Sprache und der Adolf Hitler’s unterscheiden können. Deshalb auch das Interview und die Konfrontation.
Doch mutmaßlich wollte Höcke wohl darauf hinaus, dass er auch eine Kernperson des Machtgefüges der Bundesrepublik oder des Landes Thüringen werden könnte. Eine Kernperson, die beim ZDF anrufen könnte und die Entlassung eines Investigativjournalisten oder eines Nachrichtensprechers fordern oder gar durchsetzen könnte.
Das hätte man nicht unterschlagen können
Höcke wollte nicht, dass dies gesendet wird. In voller Länge war dies im Format „Berlin Direkt“ auch nicht möglich. Aus Zeitgründen musste das Interview geschnitten werden. Gleicht man das Video im Schnitt und in voller Länge ab, sieht man, wie gründlich man davon absah, Aussagen falsch oder zweideutig wiederzugeben. Das komplette Interview befindet sich auf offiziellen Internetseite der ZDF-Heute Redaktion. Man kann es auch bei Youtube googlen.
„Das Interview wird nicht verwendet. Oder?“ fragte Höcke’s Pressesprecher noch. Höcke hätte ihm selbst antworten können. ‚Doch! Das ZDF wird das senden.‘ Das ZDF muss das senden. Allein schon aus rechtlichen Gründen. Die Zuschauer werden zu Zeugen, wie dem Journalisten von der AfD gedroht wird.
Die AfD hat es selbst gefordert
2017 klagte die AfD gegen ARD und ZDF. Die AfD käme im öffentlichen Rundfunk nicht so vor, wie andere deutsche Parteien. Nun bekam die AfD ihren Auftritt. Die AfD forderte die Gleichbehandlung mit anderen Parteien.
Alle anderen Parteien bekommen die Fragen vor der Kamera. So in der selben Sendung auch Finanzminister Olaf Scholz, dem „Berlin Direkt“ Frontfrau Shakuntala Banerjee noch unbedingt einen Betrag zum Klimahaushalt rauslocken wollte. Die Frage war nicht vorher abgesprochen. Olaf Scholz stand da etwas ausweichend. Doch ein Theater, wie es Björn Höcke abzog kam von ihm nicht.
Doch Höcke wollte nun die Extrawurst. „Da hätten wir vorher mal drüber reden sollen, dass…“ „Nein, das war nicht angekündigt. Diese Themen waren nicht angekündigt.“ „Das hätten wir vorher mal besser besprechen müssen. Das haben wir nicht getan.“ „Das war nicht fair.“, sagte Höcke’s Pressesprecher immer wieder. Mit anderen Worten. Er wollte auf die Fragen so vorbereitet sein, dass er ein ganz anderes Zentrum seines Gehirns bedienen konnte, als er es während eines Live Interviews kann.
Mut zur Wahrheit
In einem Live Interview sagen viele Befragte einfach die Wahrheit. Weil man so am einfachsten reagieren kann. Man muss sich nichts ausdenken und braucht kein Konstrukt, dass womöglich mittendrin zusammenbricht. In diesem Interview war die Wahrheit elementar. Höcke hat versucht, ein Konstrukt zu bilden und zwar um den Begriff „Lebensraum im Osten“ konträr mit dem Begriff „Vernichtungskrieg“. Dieses Konstrukt brach während des Interview zusammen. Höcke hatte zuerst angeblich gar nicht über „Lebensraum“ gesprochen und dann plötzlich doch, aber damit „Naturschutzräume“ gemeint. Der Journalist merkte an, dass Höcke Pausen um den Begriff „Lebensraum“ herum gemacht hat und wollte zur nächsten Frage.
Sein Pressesprecher unterbrach hier und merkte an, dass die Fragen Björn Höcke stark emotionalisieren. An sich wird er auf eigene Reden und Worte angesprochen. Wahrheitsgemäß sollte er eigentlich wissen, was er da getan hat und warum. Besonders weil sich Björn Höcke seine Rhetorik sehr genau aussucht und es da kaum Zufälle gibt.
Fazit
Das Interview war überfällig. Die Sprache der AfD musste einmal behandelt werden. Die AfD postet selbst sehr gerne Zitate anderer Politiker-Kollegen. (Wie zum Beispiel Herr Meuthen ein Zitat von Ralf Stegner aus dem Zusammenhang riss).
Nachdem die AfD in der ARD sogar als „bürgerlich“ bezeichnet wurde, mussten einfach Fakten und Erklärungen her, die das entweder bekräftigen oder widerlegen. Von uns auch ist „bürgerlich“ hier erst einmal „widerlegt“. Auch gegenüber der gesamten AfD, da die AfD gerade auf Bekenntnisse zur Pressefreiheit verzichtet.