Die rechte Polizei
Vor einer Woche schrieb die Süddeutsche Zeitung einen Artikel über rechtsextreme Vorfälle innerhalb der Polizei. Da ging das recherchierte Spektrum von rassistischen Beleidigungen bis hin zum Hitlergruß. Vieles davon in Uniform.
Was war da genau Thema?
2019 ragte ein Hitlergruß auf einem Bild aus Bamberg hervor. Der Mann, der die Hand hob, war Polizeibeamter.
Die Medien berichteten erst in der letzten Woche darüber, als die bayrische SPD Landtagsfraktion die Vorfälle in einem Schreiben vom bayrischen Innenministerium bekam. In den Internetkommentaren wurde daraufhin schnell abgelenkt. Die berichtetenden Medien wurden als „Links“ bezeichnet, weil sie das Thema aufgriffen. Der Beamte hätte nur „gewunken“ (was Zeugenaussagen schon dementierten). Man sollte dem Beamten generell für seine Dienste danken, anstatt ihn auf das Bild zu stigmatisieren.
Die Gruppe, die das durchaus als ernst und problematisch betrachteten, war deutlich in der Minderheit.
Im Schreiben auch ein Vorfall von 2016 über einen Polizeibeamten der rassistischen Nachrichten über das Internet verschickte. Auch er war Polizeibeamter. Die Öffentlichkeit erfuhr scheinbar in den letzten drei Jahren nie davon. Obgleich es eigentlich die Rechtsextremen sind, die der Regierung vorwirft, sie würde „linke“ Straftaten zu verschweigen versuchen.
Die Liste der Vorfälle geht noch weiter. Eine ganze Gruppe, allesamt Polizeibeamte, verschicken antisemitische Videos in einer Chatgruppe untereinander.
Es wird heruntergespielt
Im Netz wird alles heruntergespielt. Es seien nur wenige Polizeibeamte. Die meisten seien in Ordnung. Das stimmt tatsächlich. Macht die Sache aber nicht wirklich besser.
Polizeibeamte seien keine Roboter und hätten das Recht auf eine politische Meinung, auch wenn sie nicht der Regierung entspräche. Das stimmt nicht ganz. Polizeibeamte müssen vom Beruf den Rechtsstaat schützen. Es dürfen Polizeibeamte in der politischen Opposition arbeiten (Das tun auch viele). Rechtsradikale (oder auch schon die AfD) versuchen offen den Rechtsstaat und die freiheitliche Grundordnung anzugreifen. Und dazu haben Polizeibeamte nicht das geringste Recht.
Waffen tragen und Menschen einsperren
Polizeibeamte besitzen Hoheitsrechte, die Zivilisten nicht besitzen. Das Recht auf Anwendung von Gewalt ist da ganz oben in der Verantwortung.
Anzeigen gegen Polizisten
Polizeibeamte bekommen Disziplinarverfahren, wenn sie Menschen zu Unrecht Schaden zufügen. Oder wenn sie, wie in diesem Fall, verfassungsfeindliche Symbole oder Gesten verwenden. Oder wenn sie gar Drohungen und Hetze gegen Einwander teilen oder aussprechen. In diesem Fall ermitteln dann Polizisten gegen Polizisten. In den allerwenigsten Fällen kommt es zu Verurteilungen.
2018 stürmten in Berlin gleich eine ganze Gruppe Polizisten eine Wohnung, in welcher Einwanderer ohne Familie wohnten. Mitglieder der WG wurden, von den Beamten, gewaltsam auf den Boden geworfen. Es gab drei Verletzte, von denen einer ins Krankenhaus gebracht werden musste, weil er gegen einen Glasschrank geworfen wurde. Eine spätere Anzeige gegen die Polizisten verlief ohne Konsequenzen.
Das nennt sich Korpsgeist
Denn wie bereits erwähnt, ermitteln Polizisten gegen Polizisten. Die Berichte gehen später an das Innenministerium, welches auch nur in den seltensten Fällen Ermittlungen gegen Polizeibeamte weiterverfolgen lässt.
Korpsgeist lässt sich mit einem Kindergarten vergleichen. Wer ‚petzt‘ steht schnell alleine da. So kann der ‚Verpetzte‘ immer noch im Dienst der Polizei bleiben und später mal ein Vorgesetzter werden. Sogar noch mit einem Foto, auf dem der Beamte die Hand zum Hitlergruß hebt. Denn im Grunde geht es nicht nur darum, was jemand gegen jemanden aussagt, sondern wie viele denjenigen belasten oder verteidigen. Ein Beamter behauptet, ein anderer Beamter hätte rechte Aussagen getätigt und offen den Hitlergruß gezeigt und zehn weitere sagen aus, dass der selbe Beamte nur seine Mutter zuwinken wollte.
Im letzten Jahr stand dieser Korpsgeist noch im Raum, als es um die Aufarbeitung rechtsextremer Tendenzen in der Polizei ging. Äußerungen und Verhaltensweisen werden untereinander gedeckelt. Und mit dieser Deckelung erfuhr die bayrische SPD Landtagsfraktion von rechtextremen Nachrichten von Polizeibeamten aus dem Jahr 2016 erst in der letzten Woche.
Auch weil das bayrische Innenministerium die Jahre über bemüht war, den Ruf der bayrischen Polizei so sauber wie möglich zu halten.
In Bayern etwa 10 Fälle bekannt
Die bayrische SPD Landtagsfraktion bekam 10 Fälle vom bayrischen Innenministerium, in denen Polizeibeamte rechtsextreme Handlungen vollzogen hatten. Klar ist das bei 40000 bayrischen Beamten zunächst nicht viel. Dennoch ist die Tatsache, dass es diese Vorfälle gab, und dass sie nicht öffentlich gemacht wurden, besorgniserregend.
Auch laufen die meisten Disziplinarverfahren bereits mehrere Jahre, während die Beamten ihren Dienst weiter verrichten dürfen. Praktisch in einer Endlosschleife.
„Dass solche Dinge vorkommen können, ist menschlich. Das sind ganz große Ausnahmefälle.“, sagt Peter Pytlik, Vize-Landesvorsitzender bei der Polizeigewerkschaft (GdP) und verweist dann auf Silvesteraussschreitungen, die viel wichtiger seien. Eine Tendenz nach rechts sieht er nicht.
Rechte feiern die Polizei
Auch trotz der Tatsache, dass Polizeibeamte auch gegen Rechtsextreme vorgehen, feiern Rechte und Rechtsextreme die Polizei. Trotz Volksverhetzung, Bedrohung, Beleidigung und Nötigung sehen sich viele Rechtsextreme gerade von Polizeibeamten vertreten und diesem Sinne ihre Sache auch im Rahmen von Law and Order. Sie halten sowohl „die Linken“ hoch, die verdächtigt werden, in der Silvesternacht, Polizeibeamte mit Böllern beworfen zu haben, als auch Polizeibeamte in rechtsextremen Chats und auf Fotos mit Hitlergruß.
Namentlich zählen Rechtsextreme Polizeibeamte auf, die als Kandidaten für Thüringens rechtsextremen „Flügel“ kandidieren. Auch wenn Thüringen gar nicht das Bundesland der Rechtsextremen ist. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, lehnte im Oktober 2019 eine Überprüfung von „Flügel“ Polizisten ab. Auch von der Forderung des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, die Polizisten sollten sich vom Flügel distanzieren, hält er nichts.
Nun liegt es beim Bundesinnenminister
Bundesinnenminister Horst Seehofer will eine neue Zentralstelle für die Bekämpfung von Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst ins Leben rufen.
Lustigerweise versuchen hier rechte CDU/CSU Politiker, ihn dabei auszubremsen. Drohen mit Wählerabgängen von Polizisten an die AfD. Die Wahrscheinlichkeit, dass es das wird, was von der Linkspartei gefordert wird, also eine strikte Polizei in der Polizei, wie in den USA, ist relativ gering.