Bundestag Demonstranten, die sich nun Anwälte suchen
Am 18. November folgten Demonstranten einem Aufruf von Honk for Hope und Querdenken, Einladungen von AfD Abgeordneten im Bundestag anzunehmen und dort, während einer Tagung über das dritte Bevölkerungsschutzgesetz, in die Büros einzelner Abgeordneter einzudringen. (Nutzer geschlossener Facebook-Gruppen, gegen Corona Maßnahmen, kündigten Tumulte im Bundestag, im Vorfeld an und ermutigten weitere Nutzer, sich an Tumulten zu beteiligen).
Die Demonstranten hatten sich die Folgezeit wohl irgendwie anders gedacht. Querdenken und Honk for Hope Anhänger hatten sich auf Facebook in geschlossenen Gruppen darüber gefreut, dass die Abgeordneten mit Fackeln und Mistgabeln von der Öffentlichkeit belagert werden würden.
„Ich war nur ganz zufällig dort“
Die Bundestagspolizei hat einen Tag später darauf die Namen der „Gäste“ der AfD im Bundestag veröffentlicht. Einige „Gäste“ behaupten nun, jeder für sich, dass sie doch gar nicht in der Öffentlichkeit stünden und dass sie nur zufällig da waren, an den Bedrängungsaktionen, wie sie beispielsweise die SPD Bundestagsabgeordnete Katja Mast (die die Taten bezeugte, diese nicht benannten Personen zuordnete), oder weitere, bezeugen, nicht selbst beteiligt waren.
Jetzt sollen Anwälte helfen
Gleich mehrere Presseorgane bekamen Unterlassungs-Klagedrohungen. Das ZDF schon etwa am dritten Tag, daneben auch die Redakteure der ‚Zeit‘, des Tagesspiegels und die ‚F.A.Z.‘. Von den ‚Demonstranten‘. Meist ging es dabei um das Bildmaterial.
Vom Vorplatz haben Journalisten Fotos geschossen von den Demonstranten, dessen Veröffentlichung nun angeblich gegen das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Demonstranten eingriff. Genau die Demonstranten, von denen die Fotografien am Bundestagsvorplatz angefertigt wurden, wollen da nur gestanden und nichts verwerfliches getan haben.
Auch veröffentlichte die Bundestagspolizei die Namen, die von Udo Hemmelgarn (MdB AfD) und Petr Bystron (MdB AfD), an diesem Tag, eingeladen wurden. Die eingeladenen Personen seien angeblich keine Personen von öffentlichem Interesse.
Es gab einen bundesweiten Aufruf
Thorsten Schulte von ‚Honk for Hope‘, dem Querdenken Fahrdienstleister postete etwa zwei Tage zuvor einen Aufruf, dass sich, vorher angemeldete, Zivilpersonen an diesem Tag auf das Bundestagsgelände einfinden sollten und diese dann durch einen, da noch unbekannten Abgeordneten, hinein gelassen werden sollten. Aufgrund der Verbindungen der politischen Punkte war hier auch klar, dass es AfD Abgeordnete sein würden, die die Demonstranten auf das Gelände lassen würden.
Auch wenn Personen nicht direkt diesem Aufruf folgten, so war doch klar, dass jeder, der sich, an diesem Tag, am Bundestagsgelände einfindet, auch erfasst wird, und sein Name auch später, gegebenenfalls, veröffentlicht wird.
Ich als Redakteur hätte mich, beispielsweise, an diesem Tag nicht von einem AfD Abgeordneten auf das Bundestagsgelände einladen lassen, weil ich, danach, anderen vielleicht etwas zu erklären hätte, sollte ich mich nicht in einer autarken AfD Community bewegen. (Einige Demonstranten befinden sich da nicht in einer autarken Blase).
Man wird „Person von öffentlichem Interesse“
Maik G. reichte im Juni 2019 Klage gegen das ZDF ein. Das Magazin „Frontal 21“ wollte einen Bericht über eine Pegida Demonstration filmen, woraufhin sich Maik G. der Kamera näherte, schrie, dass er nicht gefilmt werden wolle und das Presseteam dann vor Ort von der Polizei festsetzen ließ, mutmaßlich mit seiner Position beim LKA Sachsen. Seine Forderung war, dass er nicht hätte gefilmt werden wollen und das Material seine Person unrechtmäßig dargestellt hätte. Er fühlte sich als Demonstrant ‚verunglimpft‘. Er war jedoch da und hätte um das öffentliche Interesse der Demonstration wissen müssen.
Genauso ist es auch mit der Aktion vom 18.11.2020 am Bundestag. Wenn man beispielsweise der Einladung von Petr Bystron (MdB AfD) folgt, und um die Brisanz seiner Person weiß (beispielsweise im Kontext mit dem bayerischen Verfassungsschutz seit dem Jahr 2019) und auch um die Brisanz der Plenarsitzung (mit welcher zuvor lautstark der Begriff „Ermächtigungsgesetz“ genutzt und verbreitet wurde) und auch der Aufruf an die Demonstranten, zu erscheinen, zuvor öffentlich breit genug ausgetragen wurde, stellt man sich in die Öffentlichkeit. Da sind dann, im Rahmen einer kollektiven Aktion, andere Menschen, die auch von AfD Abgeordneten eingeladen wurden (Abgeordnete, welche definitiv von der Aktion wissen mussten), mit denen man dann in einer Mitverantwortung für kollektives Handeln steht.
Wenn man als „eingeladener Besucher“ tatsächlich aus einer Höhle kommt, in der man nie etwas über die Brisanz des Tages, im Vorfeld, hätte erfahren können, sollte man sich an die Abgeordneten der AfD wenden, die die Einladungen aussprachen. Und die fragen, was die sich dabei gedacht haben.
Die Bundestagspolizei darf dann die Namen der eingeladenen Personen freigeben und die Presse darf, im höchsten Gut der Pressefreiheit, die Namen dann auch veröffentlichen.