Mittelstandsvereinigung will ARD und ZDF zusammenlegen
Die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU (von den Typen, die Friedrich Merz so super fanden) hat ein Konzeptpapier erstellt, dass der WELT vorliegt und in welchem beschrieben ist, wie ARD und ZDF zu einem Sender fusionieren sollen.
Lasst das doch den Privaten machen
So könnte wohl das Motto des Papiers lauten. Denn auch wenn das Konzept immer wieder betont, wie wichtig es ist, wenn wichtige Übertragen und anderes Material frei empfangbar bleiben sollen, so muss augenscheinlich nicht alles über die öffentlich-rechtlichen Sender laufen.
„Liveübertragungen bedeutsamer Sportereignisse müssen weiterhin im Free-TV empfangbar sein. Das muss aber nicht unbedingt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfolgen“ Es gilt: „Der neue Sender soll nur anbieten, was private Anbieter nicht besser und vollgültig bereitstellen können.“
Richtig gehört. Der „neue Sender soll“… nach der CDU/CSU Mittelstandsvereinigung. Im Internet bejubelt von exakt den Facebook Accounts, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk jahrelang unterstellten, Befehlsempfänger der Politik zu sein.
Ein Sender bedeutet wirklich nur „ein Sender“
Nach dem Fusionspapier, dass der WELT vorliegt, sollen „alle bisherigen Sender“ unter dem Dach dieser öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt zusammengelegt werden.
Das ist wichtig, weil es auch den NDR, WDR, SR, HR, den bayerischen Rundfunk, RBB, MDR, Radio Bremen, Deutschlandradio und den SWR gibt. Die Reihe an Rundfunkanstalten macht dieses Konzeptpapier umso brisanter.
Geteilte Reaktionen
Das Fusionspapier hält nämlich, augenscheinlich, nicht viel von Unterhaltungsformaten und Sportübertragungen.
Das Unterhaltungsformat Extra 3 hat dies schon mal humorvoll aufgenommen.
Rechte Internetnutzer ärgern sich schon lange über Comedy im öffentlich-rechtlichen TV
Was ist eigentlich die Mittelstandsvereinigung?
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion ist, nach Wikipedia die innerparteiliche Interessenvertretung der Unternehmer, Selbständigen und Freiberufler.
Diese „Interessensvertretung“ ist in Landesverbände und einem Bundesverband durchorganisiert. In Bayern ist es eine Arbeitsgruppe der CSU.
Viele Freiberufler, die künstlerisch und journalistisch mit den öffentlich-rechtlichen zusammenarbeiten, wurden weder befragt, noch können sie dem Konzeptpapier gegenarbeiten.
Und die Spitze der Mittelstandsvertretung ist von hauptamtlich Tätigen besetzt.
Lasst das den Privaten machen
Das Konzeptpapier will Unterhaltungsformate auf die privaten TV Sender abschieben. Also praktisch Extra 3 auf Pro Sieben „We love to Entertain you“ (Den Satz wird man von Christian Ehring wohl nicht hören. Dann werden wohl Joko und Claas das Format weiterführen).
Was wird dann geschehen? „Wir arbeiten den VW Skandal auf, gleich nach diesem VW Werbespot“, „Julia Klöckner und Nestlé, aber vorher noch ne NESCAFÉ Werbung“
Und wie sieht das Product Placement dann aus. Muss Oliver Welke in der Pro Sieben Heute Show eine Flasche Bonaqua deutlich sichtbar auf dem Tisch haben?
Dann hängt das Damokles Schwert der Einschaltquoten über der Heute Show, weil die Konzerne, die die Produkte in der Werbung verkaufen, nur Werbezeit kaufen, wenn die Zuschauerzahlen stimmen.
Sport
Sport ist, nach dem Konzeptpapier, ebenfalls dringend im Free-TV geboten, aber muss nicht im öffentlich-rechtlichen TV.
Der Sportsektor im Free-TV ist mager. Sport1 lebt dadurch, dass sie Teile ihres Senders an Sendeakteure verkaufen, die gar nichts mit Sport zu tun haben. Und dafür bekommt der Sender nur knapp und knapper die Ausstrahlungsrechte für die Bundesliga am Sonntag Morgen. An Live ist da gar nicht zu denken.
Vorgedrängelt haben sich hier längst Sky Sport, DAZN und Magenta Sport mit der dritten Liga. Mit Werbung kann man da gar nicht mehr konkurrieren. So viel Werbung kann man gar nicht mehr ausstrahlen. Das sieht man schon daran, dass selbst die Bezahlanbieter sich noch den einen oder anderen Werbespot gönnen.
Auch für die öffentlich-rechtlichen TV-Sender ist die Champions League schon lange Geschichte. So viele TV Gebühren wollte die ARD nicht überweisen. Da sind ARD und ZDF längst raus.
Wenn ARD und ZDF völlig raus sind, wird voraussichtlich DAZN die Sportschau übernehmen.
Für mehr Bildung
Wirtschaftspolitiker, Medien- und Wettbewerbsfachleute hängen an diesem Konzeptpapier. Und diese schieben salopp das Wort „Bildung“ hervor. Aus dem Bildungsbereich war nicht wirklich jemand vertreten. Derjenige hätte den Leuten um Wettbewerbsökonom Justus Haucap vermutlich gesagt, dass Bildung seit je her star präsent ist im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und auch ein starkes Budget hat, an welchem es kaum bis keine Probleme gab.
Weiter soll es mehr Angebote für Liveübertragungen von Ereignissen geben, aus den Bereichen der Politik und der Gesellschaft. Das Auge ist hier gerichtet auf die Erstürmung des Kapitols, über den damals n-tv und WELT live berichteten, während das ZDF die Unterhaltungssendung weiterführte und gar auf n-tv, für aktuelle Informationen, verwies. Hier will das Positionspapier das Gegenteil. Mehr Eigenanteil und weniger Fremdverweise.
Während der Erstürmung des Kapitols am 06. Januar sammelten ZDF Redakteure, im Hintergrund, Informationen, während sich auf n-tv die Livereporter mit Fakten und Gerüchten herumschlugen, nach einiger Zeit sogar in Kamera sagten, dass es keine neuen Erkenntnisse geben würde. Das ZDF umging das und sendete eine konzentrierte Zusammenfassung mit genauen Fakten, allerdings nicht Live. Das Positionspapier der Mittelstandsvereinigung fordert mehr Liveübertragungen auf diesem Gebiet.
Die jubelnden Internetnutzer
Internetnutzer jubeln und demaskieren sich gleichzeitig. Die CDU Mittelstandsvereinigung greift drastisch ein in den Betrieb von ARD und ZDF.
Doch warfen selbige Internetnutzer dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk jahrelang vor, Gehorsamsempfänger von Politikern zu sein. Ohne Beweis.
Nun greifen Politiker ein. Was eigentlich nicht dürfte. Und diese Politiker werden nun bejubelt, statt kritisiert.