Gronkh existiert für mich nicht mehr
Gastbeitrag von Alexa Paskowa
Mein Name ist Alexa Paskowa. Ich habe gestern Abend den Streamer Gronkh auf Twitter und Facebook blockiert. Dann noch Youtube und Switch gesagt, dass ich ihn nicht mehr vorgeschlagen bekommen möchte. Ein weiteres Kapitel aus der illustren Reihe „Wenn Idole fallen…“
Doch was ist denn los?
Hierzu muss ich einen Rückblenden Prolog generieren, damit meine Situation von gestern verständlicher wird.
Ich bin aufgewachsen in Slawjansk. Was eigentlich Slowjansk heißt, aber ich umschreibe alles in den möglichst bekannten Begriffen. Der Ort liegt in der Ukraine, im Oblast Donezk. Ich bin 1994 geboren. Also Sowjetunion habe ich, gerade mal eben so, die Überreste von gesehen. Was viele überraschen wird, ist die Tatsache, dass der Ort mal wirklich absolut langweilig war.
Ich kam 2013 nach Deutschland. Sprich, ich habe von einer freien Ukraine gerade mal den ersten Versuch gesehen, in dem die Ukraine, regiert von Wiktor Juschtschenko, gnadenlos von der EU im Stich gelassen wurde. Mein Erwachsenenleben, innerhalb der Ukraine, fand im Netz des Autokraten Wiktor Janukowitsch statt.
Und ja, ich war nicht so euphorisch, dass man die, sich annähernde, prorussische, Janukowitsch-Diktatur irgendwie aufhalten konnte.
Also fand ich mich im Juni 2013 in Gütersloh wieder. Meine Eltern blieben, und wohnen heute noch, in Slawjansk.
Games
Ich fing also in Gütersloh als Webdesignerin an. Und unser Unternehmen hatte eine interessante Zielgruppe. Privatmenschen, die Games auf Steam verkaufen. In ganz Deutschland. Unser Büro wollte das Marketing machen, für das Ubisoft Millionen ausgab, für etwa 1000 Euro. Facebook, Twitter und Instagram Kampagnen für Steam-Spiele von Einzelpersonen aus Deutschland. Oder auch später aus den Niederlanden.
Alexa, spul doch bitte vor zu gestern!
Funfact, ich sollte mir nie eine Alexa kaufen.
Gronkh spielt Atomic Heart.
Ich folgte dem Mann etwa ein Jahrzehnt. Naja, ich habe die Jahre nie gezähtl, die ich ihm folge. Er war für mich lange sowas wie ein inoffizieller Bundespräsident. (Während die Ukraine sich aus einer Janukowitsch Diktatur herauskämpfte, und den Krieg gegen Russland führte, den Russland ab 2014 fast nie zugab, spielten wir Games. Im meinem Kopf und seinem Twitch-Chatverlauf spielten wir Games.) Er repräsentierte für mich, was man in Deutschland tun und lassen kann.
Doch bei Atomic Heart, welches nun im Februar 2023, vom russischen Entwickler Mundfish herauskam, kommt Russland zurück. Allein Mundfish ist ein Entwicklerstudio, welches vorgibt in Zypern zu arbeiten, während das Studio, auch aktuell noch, in Büros in Moskau und St. Petersburg betrieben wird.
Finanziert von GEM Capital, eine Investmentgruppe, die von einem Gazprom-Vorstand betrieben wird, welche nicht nur in das Spiel, sondern auch in das Studio Mundfish investierten und das Kapital bereitstellte, durch das Mundfish sich in ein Schein-Headquarter im Bouboulina Building in Nicosia einkaufen konnte. Im Studio 42. Ein Studio 42, welches auch von Grandma Studios, Incrin Limited und dem Unternehmen Grad Miners bewohnt wird. Auf etwa 80 Quadratmeter.
(Unser erster Fehler: Autsch! Hau auf die Finger! Der Name des Investors ist GEM Capital, nicht CEM Capital)
Ich muss euch wohl nicht sagen, was Gazprom der Ukraine, seit 2014, wegnimmt. Gazprom unterhält eine Gaspipeline, die das Gas der Krim in die Türkei verkauft.
Auch finanziert von Gaijin Entertainment. Das Unternehmen published selbst ein Spiel namens Russian War Thunder. Mit einem eigenen Youtube Kanal. Der Kanal wirbt für eine „Militärausbildung“ in der „Volksrepublik Donezk“. Also anders gesagt, für Paramilitärs, und paramilitärische Ausbildung, für prorussische Separatisten. Nebenbei lässt der Kanal nie die Lügen unerwähnt, die die Ukraine angeblich beim russischen Volk der „Volksrepublik Donezk“ verbrochen haben soll. Dem ukrainischen Militär wird, von russischer Seite, der „Massenmord“ an 3000 Ukrainern, im Raum Donezk, seit 2014 vorgeworfen
(Real gibt es 7 Todesfälle ukrainischer Soldaten auf russische Zivilisten, in der Ostukraine, seit 2014, die außerhalb von Kampfhandlungen stattfanden. Russland hat, mit dem Abschuss von MH-17, schon 293 Menschen, in der Ostukraine, bewusst getötet.)
Ein Spiel mit der Musik von Nikolai Baskow. Baskow sang für Putin auf der Krim und im Luschniki Stadion. Weiter ist er eng befreundet mit dem tschetschenischen Staatschef Ramsan Kadyrow. Kadyrow kündigte die Hochzeit des Musikers mit Victoria Lopyreva an und witzelte auf Twitter gar über die Hochzeit. Der selbe Ramsan Kadyrow, der kürzlich vorschlug, dass sich Russland die DDR einverleiben solle.
Ein Spiel released auf VK Play, VK Play gehört zu VKontakte, welches von Wladimir Kirijenko geleitet wird. Er ist der Sohn des Putin Beraters Sergej Kirijenko. Wladimir Kirijenko steht auf der US Sanktionsliste gegen Russland. Sergej Kirijenko steht sowohl auf der EU, als auch auf der US Sanktionsliste. Er ist der stellvertretende Stabschef des russischen Präsidialamtes und arbeitet eng mit Dmitri Medwedew und auch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen. Kirijenko ist ein wichtiger Part der militärischen Mobilisierungskampagne gegen die Ukraine. Geheimdienste sprachen ihm, nach dem Mord an Boris Nemzow im Jahr 2015, eine Rolle in der Verschwörung gegen Nemzow zu.
Gronkh spielt deren Spiel
Und ja, Gronkh kann streamen und spielen was er will. Auch ein Spiel, in welchem die. obrig genannten, Akteure verwickelt sind. Er hat das freie Recht dazu. Und für dieses freie Recht bin ich auch 2013 nach Deutschland gekommen.
Es ist nur kein Versehen, weil die oben genannten Infos keine Geheiminfos sind, sondern seit Wochen bekannt sind. Es war seine bewusste Entscheidung. Und für diese Entscheidung muss einem auch mal kurz egal sein, was russische Raketen aus Orten wie Slawjansk (oder auch Slowjansk) machen. Gronkh wohnt nicht in Slawjansk. Er kann vermutlich nicht einmal adhoc auf deiner Karte auf Slawjansk, oder auf das Oblast Donezk, zeigen.
Im Gegensatz zu Hogwarts kann Gronkh auch keine Spendenaktion aus dem Stream machen. Die Schäden, die Russland in der Ukraine anrichtet, belaufen sich, nach Rechnungen der EU, auf etwa 600 Milliarden Euro.
Die einzigen „Spenden“, die es mit „Atomic Heart“ geben wird, gehen in die entgegengesetzte Richtung.
Auf der nächsten Rakete steht groß sein Name.
44,99 Euro kostet eine PS4 Version von Atomic Heart. Eine Million verkaufte Exemplare sind etwa 45 Millionen. 60 Prozent davon gehen etwa, entweder an Russland, oder an die prorussischen Investoren. Sind wir bei 27 Millionen Euro. Der Iran verkauft Kurzstreckenraketen für etwa 80.000 Euro pro Stück. Das sind dann 337 einhalb Raketen, die Russland für das einkaufen kann, was aus „Atomic Heart“ rauskommt.
Aber hey, Gronkh wohnt nicht in der Reichweite von russischen Kurzstreckenraketen. Ihm kann da nicht passieren.