Krim Eroberung: Vier Jahre ist es her

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Krim Eroberung: Vier Jahre ist es her

11. Mai 2018 Allgemein Krise Russland UN-Sicherheitsrat 0

Vier Jahre ist es nun her, dass Russland, innerhalb weniger Tage, die Krim eroberte. Mit der Situation Israels und dem Iran erlangt die Krim Eroberung in den sozialen Medien eine neue Aktualität. Doch die Krim ist nicht einfach nur besetzt. Während die Golan Höhen in den 60ern praktisch unbewohnt waren, hat Russland auf der Krim Millionen in die Schaffung der Fakten hineingezogen.

Eine kurze Chronologie, die zeigt, das die Krim nicht nur besetzt ist, sondern, durch Lügen und Manipulationen, militärisch erobert wurde:

Die umkämpfte Krim

Schon lange ist die Krim zwischen Russen und Ukrainern umstritten. Seit dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch am 22. Februar 2014 haben sich die Spannungen auf der überwiegend von Russen bewohnten Schwarzmeer-Halbinsel dramatisch verschärft. Eine Chronologie der Ereignisse:

Februar 2014: Wenige Tage nach dem Umsturz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geraten auf der Krim Anhänger und Gegner einer Annäherung an Russland aneinander. Tausende Krimtataren demonstrieren gegen eine Abspaltung der autonomen Republik. Prorussische Demonstranten fordern die engere Anbindung an Moskau.

Bewaffnete besetzen Regionalparlament und Regierungsgebäude in der Hauptstadt Simferopol – um die russische Bevölkerung auf der Krim zu verteidigen, wie sie sagen. Das prorussische Krim-Parlament spricht sich für eine Volksbefragung über die Autonomie der Region im Mai aus und setzt die Regierung ab.

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Rätselhafte Flughafenaktion: In Tarnkluft vor dem Terminal

Eine bewaffnete prorussische Gruppe besetzt kurzzeitig den Flughafen der Hauptstadt. Die Gruppe ist uniformiert. Die LKW’s haben russische Nummernschilder. Russland gibt an dem Abend an, es wüsste niemand in der russischen Regierung etwas über die Besetzung des Flughafens. (Eine Lüge, wie sich später herausstellen sollte.) Das ukrainische Parlament appelliert an Moskau, alles zu unterlassen, was die territoriale Einheit des Landes gefährde. Nach ukrainischen Berichten sind auf der Krim russische Militärmaschinen mit rund 2000 Soldaten gelandet. Interimspräsident Alexander Turtschinow spricht von einer „militärischen Invasion“ unter dem Deckmantel einer Übung.

In einem diesbezüglichen Spiegel-Artikel vom 28. Februar 2014 hieß es dazu:

Als gegen 1.30 Uhr am frühen Freitagmorgen die Lastwagen vor dem Flughafen Simferopol anrollten, sah es nicht so aus, als rolle da eine wilde Truppe Wochenendkrieger an.

Zudem gab es aber offenbar auch einen Übergriff auf den Flughafen von Sewastopol, etwa 80 Kilometer südwestlich. Dieser wird vom ukrainischen Verteidigungsministerium betrieben. Im Hafen vom Sewastopol ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert – die aber umgehend jede Beteiligung zurückgewiesen hat. Der ukrainische Minister Awakow vermutet in diesem Fall jedoch ganz konkret russische Soldaten im Einsatz – und sprach bereits von einer „Invasion“.“

Awakow sollte hier bereits Recht behalten.

Aufnahmen liegen bisher nur aus Simferopol vor. Sie zeigen patrouillierende Einheiten vor dem Flughafengebäude. Ihre Uniformen tragen keinerlei Abzeichen. Auffällig ist aber ihre Ausrüstung, die sie straff organisiert wirken lässt. Uniformen, Helme und Splitterschutzwesten sind einheitlich.“ Russland hat hier eine neue Form der Kriegsführung entworfen, in der die Beteiligung (wie wir heute wissen, fälschlicherweise,) geleugnet wird und Abzeichen entfernt werden.

Gerüchteweise sollen einige der Männer zudem mit „Wal“-Sturmgewehren ausgerüstet gewesen sein. Diese Waffen sind mit einem integrierten Schalldämpfer ausgestattet – und werden unter anderem von den Spezialeinheiten des russischen Militärs eingesetzt. Natürlich könnten die Gewehre aber auch auf anderem Weg in die Hände der Flughafenangreifer gelangt sein.“ (Die Gerüchte entsprachen Tatsachen und sie wurden, wie wir heute wissen, aus Beständen der russischen Armee ausgegeben.)

Ein letztes Detail trägt ebenfalls nicht dazu bei, die äußerst unübersichtliche Situation zu entzerren: Auf zahlreichen Bildern ist zu erkennen, dass die Einheiten in Simferopol zwar martialisch im Kampfanzug und mit gezückten Gewehren auftreten – dafür stecken in vielen der Sturmgewehre aber offenbar keine Munitionsmagazine.“ (Noch Jahre danach versuchte die russische Regierung hier einen Propagandatrick. Das Vorführen der Bilder der Waffen ohne Munitionsmagazine. Die Magazine waren, wie wir heute wissen, trotzdem in der Ausrüstung eingepackt und durchaus einsatzbereit. Russland hat aber lange versucht, diesen Angriff damit als ‚unbewaffneten‘ Angriff darzustellen.)

März: Der moskautreue neue Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow übernimmt vorübergehend die Befehlsgewalt und bittet Kremlchef Wladimir Putin um Beistand. Er zieht das Referendum über die Zukunft der Krim auf den 30. März vor. Die russische Staatsduma ruft Putin auf, der neuen Regierung auf der Krim Beistand beim Schutz der Bürger zu leisten. Die prorussische Krim-Regierung und die auf der Halbinsel stationierte russische Schwarzmeerflotte vereinbaren eine Zusammenarbeit bei der Sicherung der öffentlichen Ordnung. In mehreren russisch geprägten Städten der Schwarzmeer-Halbinsel gibt es Proteste gegen die Regierung in Kiew.

Putin erklärt, Russland könne bei weiterer Gewalt gegen die russischsprachige Bevölkerung „nicht tatenlos zusehen“. In Kiew ordnet Interimspräsident Alexander Turtschinow die volle Kampfbereitschaft der ukrainischen Armee an und droht, eine Intervention Moskaus werde „der Beginn eines Krieges und das Ende aller Beziehungen sein“. Die USA setzen als Konsequenz aus dem Moskauer Vorgehen ihre Teilnahme an Konferenzen zur Vorbereitung des G-8-Treffens im russischen Sotschi aus. Eine eilig einberufene Sondersitzung des Weltsicherheitsrates endet erwartungsgemäß ohne Ergebnis.

Das ukrainische Parlament, die Oberste Rada, berät in nicht-öffentlicher Sitzung über die heikle Lage. Mittags sollte in Brüssel der Nato-Rat zusammentreten. Die Regierung in Kiew versetzt die Streitkräfte in Kampfbereitschaft. Die sieben führenden Industrienationen (G7) setzen alle Vorbereitungstreffen für den G8-Gipfel mit Russland im Juni in Sotschi aus. In Brüssel verurteilt der Nato-Rat das Vorgehen Russlands. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert, die russische Intervention verstoße gegen das Völkerrecht.

In Brüssel verurteilen die EU-Außenminister die Verletzung der „territorialen Integrität der Ukraine“. Nach Angaben von EU-Diplomaten wollen die Staats- und Regierungschefs der EU am 6. März über Sanktionen gegen Moskau entscheiden. Die ukrainische Regierung wirft Russland mehrfache Grenzverletzung vor. In New York befasst sich der UN-Sicherheitsrat mit der Krise.

Putin sagt in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme, er sehe bisher keine Notwendigkeit für einen Militäreinsatz, den er aber für die Zukunft nicht ausschloss. Wer über Sanktionen nachdenke, müsse sich der Konsequenzen bewusst sein, warnt er den Westen. Offen zeigt sich der Kremlchef für den deutschen Vorschlag einer internationalen Kontaktgruppe, in der Russland und die Ukraine verhandeln könnten. Die EU will die finanziell angeschlagene Ukraine mit einem Hilfspaket unterstützen. Die USA kündigen eine Milliarde Dollar Hilfe für die Energieversorgung der von Russland abhängigen Ukraine an.

Trotz hektischer Krisen-Diplomatie ist es den westlichen Staaten nicht gelungen, Russland zu direkten Kontakten mit Kiew zu bewegen. Nach ganztägigen Krisengesprächen in Paris verließ der russische Außenminister Sergej Lawrow das Außenministerium, ohne seinen ukrainischen Kollegen getroffen zu haben. Die EU stellte vor ihrem Sondergipfel zur Krim-Krise rund elf Milliarden Euro zur Rettung der nahezu bankrotten Ukraine in Aussicht. Der UN-Sondergesandte Robert Serry wurde auf der Schwarzmeer-Halbinsel von einer Gruppe teils bewaffneter Männer bedroht. Wenige Stunden nach dem Vorfall verließ Serry die Krim. Der Westen droht Russland weiter mit Sanktionen, wenn sich das Land nicht um Deeskalation der Krise bemüht.

Vor einem umstrittenen Referendum tauchen Wahlplakate auf, welche die EU mit Stacheldraht und Hakenkreuzsymbol bezeichneten. Die Plakate sind, nach belegten Infomationen, offiziell von Organisationen der russischen Regierung gezeichnet und gedruckt worden.

In dem durchgeführten Referendum über den Status der Krim sprachen sich nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti 96,77 % der Abstimmenden für einen Anschluss an Russland aus; die Wahlbeteiligung habe 83,1 % betragen. Der Wahrheitsgehalt des Ergebnisses wurde von vielen Kritikern seit je her bezweifelt. Laut einem Ende April 2014 veröffentlichten Bericht des Menschenrechtsrats beim russischen Präsidenten hätten hingegen “[n]ach unterschiedlichen Angaben […] 50 bis 60 % der Stimmbürger für den Anschluss gestimmt, bei einer Wahlbeteiligung von 30 bis 50 %.„ Zu diesem Zeitpunkt waren bereits tausende Krim Bewohner ausgewiesen worden. Desweiteren gab es russische Einheiten, die ukrainische Krimbewohner, die die Halbinsel mit dem Flugzeug zu erreichen versuchten, davon abhielten, den Flughafen zu verlassen und einen Rückflug in die Ukraine anordneten. Auch hat es zuvor massenhaft Verhaftungen auf der Halbinsel gegeben. Auch gibt es Videomaterial von „Wahlhelfern“, die abgesägte Schrotflinten, innerhalb des Wahllokals mit sich trugen. Die Wahlurnen waren durchsichtig und die Stimmzettel wurden in Sichtweite der „Wahlhelfer“ ausgefüllt. Die Wahlzettel enthielten gar keine Option, in der die Ukrainer für den Status direkt vor der Eroberung der Krim stimmen konnten.

Putin informiert über das Beitrittsgesuch der Republik Krim zur Russischen Föderation, und noch am selben Tag unterzeichnete Putin zusammen mit dem Ministerpräsident der Republik Krim Sergej Aksjonow, dem Parlamentsvorsitzenden Wolodymyr Konstantynow sowie dem Vorsitzenden des Koordinationsrates zur Organisation der Stadtverwaltung von Sewastopol, Alexei Tschaly, einen Beitrittsvertrag der Krim zu Russland und kündigte an, es werde zwei neue Föderationssubjekte geben. Nach Ratifizierung des Vertrages durch die russische Duma und den russischen Föderationsrat und nach Erklärung des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation über die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsvertrages zwischen der Russischen Föderation und der Republik Krim unterschrieb der russische Föderationspräsident Wladimir Putin am 21. März 2014 das verfassungsändernde Gesetz zur Aufnahme der Krim als Föderationssubjekte Republik Krim und Stadt föderalen Ranges Sewastopol in die Russische Föderation.