Fakten und Lügen – Was an der ukrainischen Regierung wahr ist und was nicht

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Fakten und Lügen – Was an der ukrainischen Regierung wahr ist und was nicht

16. August 2018 Faktencheck Russland Ukraine 0

Dieser Beitrag ist einem Beitrag des Contra Magazins vom 15. August 2018 geschuldet, welchen wir mit Artikeln der Zeit, der Welt und des Focus vergleichen.

Die Wahlen in der Ukraine

Das Contra Magazin warf den USA vor, in einem nicht genau genannten Zeitraum ukrainische Neonazis und andere rechtsradikale faschistische Organisationen unterstützt zu haben, welche mit dem Machtwechsel zwischen dem 21. und 22. Februar in Verbindung standen.


Fakt ist:

In dieser Nacht waren mehrere EU-Außenminister in Kiew anwesend, um sich, bezüglich der tagelangen Proteste gegen den ehemaligen ukrainischen Präsidenten, zu beraten. Nach Ansicht der ukrainischen Opposition war er nach seiner Flucht nicht mehr legitimes Staatsoberhaupt des Landes.

Zuvor hatte der Sender Russia Today eine Bitte von Viktor Janukowitsch veröffentlicht, in welcher der russische Präsident Wladimir Putin darum gebeten wurde, die russische Armee „einzusetzen, um Gesetz, Frieden, die Rechtsordnung und Stabilität wiederherzustellen und um das ukrainische Volk zu beschützen.“ Die Demonstranten bekamen dies schnell mit und sahen eine Bitte, dass Russland militärisch gegen ukrainische Demonstranten vorgehen solle.

Die ukrainische Opposition stellte nach Janukowitsch’s Abreise eine Klage wegen Hochverrats gegen Janukowitsch.

Kurz darauf wurde eine Interimsregierung gebildet aus den Abgeordneten, die eh schon Teil des ukrainischen Parlaments waren. Hier waren zu der Zeit auch rechtsradikale Elemente Mitglieder des Parlaments. Nur wurde dies nicht von den Amerikanern diktiert, sondern dieser Vorgang wurde in der ukrainischen Verfassung vorgegeben.

Tatsächlich war auf dem Maidan der gesamte Querschnitt der ukrainischen Gesellschaft vertreten, Männer und Frauen unterschiedlichen Alters, verschiedener politischer Einstellung. Die deutliche Mehrheit der Demonstranten war nicht rechtsextrem.


Russland war länger vorbereitet als vermutet

Das Contra-Magazin schreibt noch, dass die Wahrheit sei, dass der Westen den Konflikt begonnen hat.


Fakt ist:

Heute wissen wir, dass beispielsweise die Krim-Eroberung, aber auch die Destabilisierung der Ostukraine keine Affekt-Handlungen waren, sondern viel früher geplant, als lange angenommen.

Bereits Anfang Dezember 2013, als die Proteste in Kiew noch keinen Monat anhielten, hatten sich die Mitglieder der russlandnahen Partei der Regionen in Donezk getroffen und über ein Vorgehen beraten, welches den Ausnahmezustand in der Ukraine als strikte Vorbedingung hatte. Auch die Soldaten, die das Parlament auf der Krim, die Flughäfen und andere Gebäude besetzten, waren für so einen Einsatz lange ausgebildet und ausgerüstet.

Die Soldaten hatte eine perfekte Kommunikationsausrüstung, kannten Gebäude, in denen sie Basen errichteten metergenau, und standen vor keiner einzigen ungelösten Herausforderung. Und das obwohl ihre Stützpunkte von der Ukraine mehr als tausend Kilometer entfernt lag.

Alles war von russischer Seite einstudiert

  • Die Destabilisierung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse
  • Die Scharfschützen auf dem Maidan
  • Janukowitsch, nach dem er floh und die Interimsregierung nicht anerkannte
  • Die Ernennung des Ministerpräsidenten auf der Krim, welcher ernannt wurde, als die Krim offiziell noch gar nicht zu Russland gehörte
  • Der Militäreinsatz gegen die Krim

Als Russland die militärische Einmischung in die Krim noch verneinte (was irgendwann für Putin nicht mehr haltbar war), bezeichnete Putin die Interimsregierung als Staatsstreich. Von diesem Tag an, wurde diese Ansicht in vielen Verschwörungsmagazinen übernommen, zuerst gar ohne US Beteiligung. Nachdem die USA wirtschaftliche Hilfen anbaten, wurden diese mit einer Art Bezahlung für den Putsch verglichen oder ebenso bezeichnet.


Putin liefern allerdings die eigentümlichen Völkerrechtsdehnungen aus der Bush-Ära eine willkommene Steilvorlage, ohne zu erwähnen, dass ein direkter Kritiker und Oppositioneller George W. Bush’s nun amtierender Präsident war. Unter Obama prägte sich das Vorgehen Bush’s ein. Für Verschwörungsmedien ein Hype Faktor, wenn die Namen der Präsidenten ausgelassen werden.


Janukowitsch und die EU

Das Contra Magazin berichtet, dass „Janukowitsch ein EU-Angebot einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit ablehnte und stattdessen eine engere wirtschaftliche Verbindung mit Russland anstrebte“. Was ist dran?


Janukowitsch lehnte tatsächlich ab. Allerdings war das Assoziierungsabkommen mit der EU von ihm ein Wahlkampfversprechen. Genauso zerrte Janukowitsch im Wahlkampf noch gegen Russland. Die Ukraine war damit in einer Art Europa-Fieber. Immer größere Teile der Bevölkerung und der Eliten hofften auf eine Anbindung an die Europäische Union, die mit der baldigen Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens Wirklichkeit werden soll. Und viele Ukrainer versprachen sich etwas davon.

Ziel war, die EU-Assoziierung der Ukraine, die auf dem Gipfel Ende November in Vilnius vereinbart werden soll. Doch es kam anders. Janukowitsch erteilte Štefan Füle, dem tschechischen EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, eine Absage, ohne Angabe von Gründen.

Die EU versuchte in der Nacht, in der Janukowitsch verschwand, noch (in Anwesenheit des ehemaligen Bundesaußenministers Frank Walter Steinmeier) zu vermitteln und stand, mitten in der Nacht mit einem, zunächst verschwundenen, dann abgereisten ukrainischen Präsidenten da.


Das Contra Magazin veröffentlicht, in regelmäßigen Zeitabschnitten Verschwörungstheorien und Halbfakten. Als Anschrift ist „Victoria, Mahé, Seychelles.“ mit einer dortigen Adresse benannt. Als Herausgeber ist Michael Steiner benannt (ohne weitere Angaben zur Person. Vermutlich ein Alias). Die angegebene Telefonnummer führt auf die Phillipinen (Vorwahl 0063).

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